Durch die amerikanische Slocum-Society in aller Stille vorbereitet, fand 1960 die erste Einhandwettfahrt über den Atlantik mit kleinen Booten in Ost-Westrichtung statt. Anlaß hierzu soll angeblich eine Wette des britischen Seglers Francis Chichester um eine 'Halfcrown' gewesen sein. Chichester hatte die Behauptung aufgestellt, daß er - ganz allein auf sich gestellt - in einer Segelyacht den Atlantik überqueren könne. Während die Segler allein um ihren persönlichen Sieg oder Niederlage segelten, war es Absicht der Slocum-Society herauszufinden, welche Art Boot für Hochseeregatten mit kleiner Besatzung die geeignetste sei. Daher hatte man die Veranstaltung auch nicht als 'Transatlantic-Race', sondern als 'Fahrtenwettbewerb' ausgeschrieben. Die Wahl des Bootes blieb jedem Teilnehmer freigestellt. Er mußte den Veranstalter jedoch davon überzeugen, daß ihr Boot für dieses Rennen tauglich sei. Die Wettfahrt selbst war ein Survivaltrip über den Großen Teich. Die Bewährung des Bootsmaterials und der Ausrüstung standen im Vordergrund. Wettfahrtregel Nr. 26 lautete: "Alle Yachten müssen völlig auf sich selbst gestellt und in der Lage sein, bei Havarien ihre eigenen Reparaturen auf See auszuführen. Die Besatzungen haben kein Recht, Rettungsmaßnahmen, die zu ihren Gunsten eingeleitet werden müssen, zu erwarten oder zu fordern." Funk war auf keinem der teilnehmenden Boote vorhanden. Gewertet wurde die tatsächlich gesegelte Zeit, welche die teilnehmenden Schiffe von Cowes nach New York benötigten. Zwischenstops waren möglich. Am 11. Juni 1960 gingen vor dem südenglischen Plymouth vier Eigner mit ihren Segelbooten an den Start, um sich auf dem über 3000 Seemeilen langen, einsamen Weg über den Atlantik zu bewähren. Zwei der vier Transatlantik-Teilnehmer hatten sich bezeichnenderweise für die lediglich 2,15t verdrängenden Folkeboote entschieden. Oberstleutnant H. G. Hasler, der Initiator und Organisator der Einhandwettfahrt startete in seiner JESTER, einem modifizierten englischen Folkeboot mit kuppelförmigen Aufbau. Er konnte sein kraweel gebautes Schiff zentral aus einem mittschiffs installierten U-Bootluk steuern. Seine JESTER, was soviel wie 'Scherzbold' hieß, trug ein leicht zu handhabendes und nach den neuesten aerodynamischen Erkenntnissen berechnetes Dchunkenrigg. Ihr Mast war unverstagt. Das einzige Segel ließ sich vom Steuerstand aus mit wenigen Handgriffen ein- und ausreffen. Gefragt, warum er sich gerade für einen Folkebootrumpf entschieden hatte, antwortete er: ". . . Es ist das handlichste und wirtschaftlichste Schiff für ein Unternehmen dieser Art." Der Ire Valentine Howells nahm mit einem geklinkerten Einheits-Folkeboot an der Reise teil. Seine knallgelb gemalte EIRA fuhr die folkebootübliche Hochtakelage. Als größtes Schiff startete die von Chichester gesteuerte 12-Tonnen-Yawl GIPSY MOUTH III, ihr folgte die 5-Tonnen-Slup CARDINAL VERTUE des Engländers Dr. David Lewis, einer langfahrterprobten Laurent-Giles-Konstruktion der Vertue-Klasse . Chichester machte mit 40 Tagen die schnellste Überfahrt. Hasler wurde mit seinem modifizierten Folkeboot JESTER Zweiter. Er hatte mit seinem bedeutend kleinerem Schiff 48 Tage und 12 Std. gebraucht. CARDINAL VERTUE war 54 Tage auf See und wurde Dritte. Howells Standard-Folke EIRA erreichte nach 55 Tagen wohlbehalten das Ziel. Keines der vier Boote hatte eine Havarie zu verzeichnen. Die Berichte über die kleinen Atlantiksegler machten Schlagzeilen. Die kleinen skandinavischen Wunderboote die den Ozean wie selbstverständlich überquert hatten standen im Mittelpunkt dieser Berichte. In der Folge schnellten die US-Importzahlen für Skandinavische Folkeboote in die Höhe. Was 1950 mit vier kleinen Segelyachten - die Hälfte Folkeboote - und einer großen Portion Pioniergeist als Fahrtenwettbewerb begonnen hatte, war spätestens 1976 ins gigantomanische ausgewuchert. Bedenkenlose Geschäftemacher und Finanzgruppen hatten sich sehr bald des publikumswirksamen Rennens angenommen und zu ihren Gunsten benutzt. In jenem Jahr waren 122 Einhandsegler und 4 Seglerinnen gestartet, teilweise mit extra für dieses Rennen gebauten Rennmaschinen. Ein siebzehnjähriger Jugendlicher versuchte außer Konkurrenz New York zu erreichen. Eric Tabalary, Frankreichs segelnder Nationalheld Nr.1, Marineoffizier und Ritter der Ehrenlegion gewann mit dem gesponserten 22,25 m Whitbread-Renner PEN DUICK VI in 23 Tagen 20 Stunden das fünfte Einhandrace über den Atlantik - nur wenige Stunden vor seinem Schüler und Landsmann Colas auf der gigantischen, 72,18 m langen, vollautomatisierten Segelmaschine CLUB MEDITERANÉE. Mehrere Orkane hatten zwei Tote und vier Totalverluste gefordert. Ein Drittel der Teilnehmer hatte aufgegeben. Man stellte damals zu Recht die Frage, ob ein solch ungesundes Einhandspektakel, bei dem jeder einzelne Segler unter finanziellen Erfolgszwang steht, überhaupt noch einen sportlichen Wert haben könne. Weit weniger spektakulär und von der Öffentlichkeit kaum beachtet wurden dagegen die Ozeanreisen eines britischen Folkebooteigners von England nach Thaiti - einen Großteil dieser Strecke hatte er einhand zurückgelegt - oder die zweieinhalbjährige Einhandsegelreise der 55-jährigen Australierin Ann Gash. Die mittlerweile vierfache Mutter und sechsfache Großmutter kreuzte 1975 in ihrem Folkeboot ILIMO einhand von Sydney/Australien nach England und wieder zurück. Zweck dieser Reise, auf der sie einmal den Globus rundete: ein Verwandtenbesuch in England. Der abenteuerliche Einhand-Rund-um-die-Welt-Besuchstrip ist in ihrem bescheidenen Büchlein 'A Star to Steer Her By' nachzulesen. 1961 nahmen zwölf dänische und die gleiche Zahl deutsche Folkeboote an der Kieler Woche teil. Zum ersten Mal waren auch zwei schwedische Boote nach Kiel gekommen. Bemerkenswert war, das eins der schönsten und am perfektesten gebauten Boote der Selbstbau eines dänischen Zahnarztes war. Er und zwei Segelkameraden hatten das Boot in 18 Monaten ohne jede Werfthilfe gebaut. Der Fachpresse fiel der große Sportsgeist und die faire Kameradschaft unter den Folkeseglern auf. Die 'Yacht' schrieb damals: "Durch die starke Teilnahme der Folkeboote hat die Kieler Woche so etwas wie eine volkstümliche Komponente zurückbekommen. Die olympischen Klassen mit dem großen Aufgebot an Weltklasseseglern sind in den vergangenen Jahren auf der Förde immer stärker in den Vordergrund getreten. [...] Mit den Folkebootseglern kehren diejenigen Segler zur Förde zurück, die zwar gute und leidenschaftliche Rennsegler sind, aber nicht ausschließlich, die mit ihren Booten vor allem auch Fahrtensport treiben, auf eigenem Kiel, nicht auf dem LKW, zum Regattaplatz kommen und auf ihren Booten während der Regattawoche wohnen." Weil das Nordische Folkeboot keine selbstlenzende Plicht besaß, war es anfangs für Verbandsregatten auf der Ostsee gesperrt. Spätestens nach der ersten Transatlantik-Wettfahrt 1960 musste man dem nordischen Volksboot jedoch gewisse Hochseequalitäten zugestehen. Im Anschluß an die Kieler Woche 1961 veranstaltete der Kongelig Dansk Yachtklub daher für Folkeboote eine Ostsee-Langstreckenregatta Kiel-Horsens. Die Seeregatta sollte dänischen und deutschen Folkebootseglern die Teilnahme an dem dänischen Landesseglertreffen und an den Jubiläumsregatten des Odense Sejlklubs zu ermöglichen. |
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